Fleckvieh in Kolumbien

Fleckvieh's Vielseitigkeit in Kolumbien gefragt und gefordert!

Milch, Doppelnutzung, Kreuzung - In all diesen Bereichen ist Österreichs Nr. 1 Rasse in dem südamerikanischen Staat, der lange durch Korruption und Gewalt geprägt war, im Einsatz!

2. Fleckviehtag mit intensiver Beratungstour durch Kolumbien!
Nach dem erfolgreichen Auftakt letztes Jahr war ein Team aus Österreich mit DI Thomas Tüchler, Fütterungsexperte von der LK NÖ - Stefan Mitterböck, Zuchtberater NÖ Genetik und DI Alexander Manrique von Genetik Austria zu Besuch um den Züchtern Vorort mit Rat und Tat weiterzuhelfen! Zahlreiche interessierte Landwirte, Studenten und Neueinsteiger im Bereich der Rinderzucht nahmen an der zweitägigen Tagung teil.

Klimatische Herausforderung - Fleckvieh's Robustheit gefordert
Es gibt kaum ein Land auf unserem Kontinent, das klimatisch so unterschiedlich ist, wie Kolumbien. Vom Meeresniveau bis über 3.400m Seehöhe werden Fleckviehtiere gehalten und auch gemolken. Dabei ist nicht einmal die extreme Höhe oftmals das Problem, sondern das tropische, feuchte Klima, welches in Teilen des Landes herrscht. Hitze und der starke Parasitenbefall, vor allem Zecken, als große Herausforderung für die 'Alpenrasse'! Trotz der schwierigen Bedingungen wird die gute Fruchtbarkeit und die hohe Nutzungsdauer bei den Fleckviehtieren geschätzt.

Fleckvieh in allen Facetten gefragt!
Neben der Milchproduktion, die sicherlich die stärkste Bedeutung hat, kommt die Rasse Fleckvieh auch in der Mutterkuhszene zum Einsatz. Sehr gefragt sind Fleckviehjungstiere, die zwischen 8 und 14 Monate in die tropischen Gebiete Kolumbiens verkauft werden und teilweise Bestpreise über alle Rassen hinweg erzielen.

Diese dienen zur Kreuzung mit den einheimischen Rassen Gir (milchbetont) und Brahman (fleischbetont). Das Kreuzungsprodukt kommt mit den heiß, feuchten Bedingungen gut zurecht und ist gegen den Insektenbefall resistenter.

Konträre Kälberaufzucht zu Österreich
Die Geburt findet normalerweise auf der Weide statt, egal bei welcher Witterung. Die maximale Milchmenge ist oftmals mit 6 Liter je Tier und Tag begrenzt. Die Kälber bekommen diese aber bis zum 4 - 6 Lebensmonat. Aufgrund des nichtvorhanden seins von Kälberstallungen muss der Nachwuchs teilweise schon mit 2 Wochen fix auf die Weide. Tränkung und Kraftfuttergabe erfolgt dann zweimal täglich unter freiem Himmel. Nach dem Entwöhnen wird Kraftfutter noch bis zu einem halben Jahr zum üppig vorhanden Gras dazu gefüttert.

Großes Potenzial bei der Beweidung
Über 90% der Herden befinden sich das ganze Jahr unter freiem Himmel. Da die Ration sehr häufig nur aus Gras und Kraftfutter (wird 2 × täglich bei der Melkung verabreicht) besteht, kommt dem richtigen Weidemanagement eine große Bedeutung zu. Der optimale Nutzungszeitpunkt wechselt oftmals wegen den schwankenden Temperaturen und den unterschiedlichen Niederschlagsmengen (Trockenzeit von Dezember bis Anfang März). Fütterungsexperte Thomas Tüchler von der LK NÖ sieht in der Beweidungsintensität dem Schlüssel zum Erfolg um das Leistungspotential der Kühe besser nützen zu können. Dieses wird oftmals durch einen zu alten und zu hohem Grasbestand verhindert. Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge bewegt sich von 1.400mm bis 2.800mm.

Fleckvieh als Statussymbol
Wer in Kolumbien Fleckviehtiere besitzt, zählt eher zu den bessergestellten Menschen im Land! Man kann es mit einer Mitgliedschaft in einem Golfclub vergleichen. Nur wer die finanziellen Möglichkeiten hat, hat Fleckvieh im Stall stehen. Das Geld kommt hierbei oft aus Überschüssen aus anderen Bereichen. 

Betriebe komplett anders aufgebaut!
Anders als in Österreich leben die Besitzer oftmals gar nicht direkt auf der Landwirtschaft. Für die tägliche Arbeit und Umsetzung dieser Projekte ist ein eigener Betriebsmanager verantwortlich, der auch Vorort lebt und die weiteren Mitarbeiter einteilt.

Die Eigentümer legen nur in den seltensten Fällen selbst Hand an. Generell ist der Mechanisierungsgrad sehr niedrig, weil es auch nicht für nötig empfunden wird und die Lohnkosten der Mitarbeiter vergleichbar niedrig sind (400-600€ pro Monat). Es gibt in Kolumbien praktisch keine Futterkonservierung und nur eine eingeschränkte Grünlandpflege. 

Aufschwung durch Genomik!
Letztes Jahr wurden erstmals ca. 150 weibliche Tiere typisiert. Die Ergebnisse wurden mit einer gewissen Vorfreude, aber auch Anspannung erwartet. Wurde nicht zuletzt durch den Zukauf von Embryonen und natürlich auch den starken Einsatz von Samen aus Österreich in die Genetik kräftig investiert. 

Da überrascht es auch nicht, dass die weibliche Nr. 1 von tausenden, typisierten Manolo Nachkommen in Kolumbien steht!

Nachfrage nach Genetik aus Österreich!!
Kolumbien setzt bei der Weiterentwicklung ihrer Herden sehr stark auf Embryonen. In diesem Bereich zählt es sicherlich zu den stärksten Exportländern Österreichs, wenn nicht zum Stärksten! Auch punkto künstlicher Besamung wird nichts dem Zufall überlassen und auf gute Genetik großen Wert gelegt. Aktuell wird zum Beispiel verstärkt auf GS Der Beste, GS Win Again oder Megastar Pp gesetzt. Mit GS Rau hat auch ein alter Bekannter seine genetischen Spuren in Kolumbien hinterlassen und ist in vielen Herden zu finden. GS Medwed PS wurde auch verhältnismäßig stark forciert. Die Töchter beginnen zurzeit mit den Abkalbungen. 

Elitetiere speziell behandelt!
Die Betriebe leben nicht nur von der Milch (Preis ähnlich wie in Österreich), sondern auch vom Weiterverkauf ihres Zuchtviehs. Damit sich diese in der Öffentlichkeit gut präsentieren, erhalten sie oftmals eine Sonderbehandlung auf den Betrieben. Schautiere oder wertvolle Zuchttiere werden teilweise im Stall mit Kraftfutter und Maissilage (die in 50kg Ballen zugekauft werden) gehalten und kommen nur auf gute Weiden.  Als Vermarktungsplattform dienen hier diverse Rinderschauen. Anders als Hierzulande werden die Tiere ab einem halben Jahr ausgestellt und das dann teilweise 3 – 4 Mal bis zur Abkalbung. Noch wichtiger als das Prestiges ist für so manche Betriebe der anschließende Verkauf der Tiere, vor allem bei den Zuchtstieren.

Farbe oft als Selektionskriterium
Ist die Pigmentierung der Rinder für den österreichischen Züchter kaum ein Thema, so ist diese in Kolumbien sehr, sehr wichtig. Dunkelrot, gedeckt und am besten mit Augenringen, so sollen die Tiere aussehen Diese Tiere sollen dem tropischen Klima am ehesten standhalten. Aber es gibt auch Landwirte im Hauptzuchtgebiet rund um Bogota, die nicht diese Einstellung teilen und ihre Stierauswahl uneingeschränkt treffen. 

Kolumbien noch immer ein heißes Pflaster!
Die Zeiten, wo Drogen, Gewalt und Korruption an der Tagesordnung standen, zählen weitest gehend zur Vergangenheit, aber die Auswirkungen sind noch immer sichtbar.

Jedes Grundstück ist gut eingezäunt, mit Hunden bewacht und oftmals mit Kameras überwacht. Die auffällig, schlechten Wege zu den Betrieben hin, hatten bis vor einigen Jahren eine spezielle Funktion.  Damals wurden nämlich regelmäßig die zumeist reichen Betriebsbesitzer entführt um Lösegeld zu erpressen. Das erhoffte Ergebnis wurde oftmals nicht erreicht, weil nur der Eigentümer selbst Zugang zum Geld hatte. In Folge wurden die Ehefrauen entwendet mit dem Problem, dass mache Ehemänner nicht bereit waren die dafür geforderten Summen zu bezahlen und die Kriminellen ihr Ziel verfehlten. Die Betriebe haben mit extrem schlechten Straßen reagiert, damit eine rasche Entführung nicht möglich war!

Trotz der teilweise sehr schwierigen Bedingungen in Kolumbien wird die Rasse Fleckvieh ihren Weg machen, weil die stolzen Züchter das Potential der Rasse erkannt haben und weiter in Genetik aus Österreich investieren wollen!

Stefan Mitterböck